Preisdeckel für Bauland: Eigenheim bald leistbar?

Erstellt am 05. Juni 2023 | 06:15
Lesezeit: 7 Min
Immobilie Eigenheim Haus Hauskauf Symbolbild
Foto: www.shutterstock.comStock-Asso
Im Burgenland wurde ein Preisdeckel für Bauland verordnet, der Baugrundstücke in den Gemeinden leistbarer machen soll. Wie ist die Situation in den Bezirken?
  • Logobeschreibung

Der Preisdeckel des Landes legt fest, zu welchen Preisen Gemeinden Baugrundstücke an ihre Bürger verkaufen dürfen. Für jede Gemeinde im Burgenland wurde ein Quadratmeterpreis veröffentlicht, der sich aus dem Preis für Grünland plus Aufschließungskosten zusammensetzt.

Während im Nordburgenland die vom Land verordneten Höchstpreise unter den am freien Markt bezahlten Preisen liegen, sieht der Preisdeckel in einigen Bezirken höhere Preise vor. Statistik Austria nennt für Jennersdorf und Güssing Grundstückspreise von 26,60 Euro pro Quadratmeter (Stand 2021), der Preisdeckel des Landes liegt für Güssing bei 55 und für Jennersdorf bei rund 56 Euro.

Der vom Land berechnete Preisdeckel sei kostendeckend, heißt es aus dem Büro von Bau-Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ). „Damit wird erstmals transparent, dass Gemeinden im Mittel- und Südburgenland oft Finanzmittel der Gemeinde aufwenden, um günstigere Grundstücke zur Verfügung stellen zu können“, sagt der Landesrat.

Unterm Strich stehe ich der Maßnahme positiv gegenüber. In der Zwischenzeit sind mehrere Grundstücksbesitzer auf uns zugekommen. Sie sagten: „Die Dosko-Steuer zahle ich sicher nicht!“ und der Weg war frei für Verkaufsverhandlungen. Das betrifft mehr als zehn Grundstücke. Alfred Kollar, Vorstand der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft

Unterschreitungen der Preisdeckelvorgaben unter Zuhilfenahme von Finanzmitteln der Gemeinde seien weiterhin möglich, betont Dorner.

In den Bezirksvororten wird der Preisdeckel unterschiedlich kommentiert. „Staatliche Preise für Grundstücke vorgeben zu wollen, ist völlig realitätsfern und Ergebnis einer verfehlten Politik der SPÖ", sagt der Eisenstädter Bürgermeister Thomas Steiner (ÖVP). Ähnlich lautet das Statement des Oberwarter Bürgermeisters Georg Rosner (ÖVP), der die Maßnahme für einen „äußerst seltsamen Ansatz“ hält: „Sich politisch in einen Markt einzumischen, der sich selbst regelt, ist meiner Meinung nach überflüssig.“

„Sehr positiv“ sieht hingegen die Mattersburger Bürgermeisterin Claudia Schlager (SPÖ) den Preisdeckel: „Für Jungfamilien, die sich ihr Eigenheim schaffen wollen, ist das eine gute Sache, da die Preise bekanntlich explodieren.“

In Gols beträgt der per Verordnung festgelegte leistbare Baulandpreis € 113,80, derzeit werden dort Grundstücke um über € 300,00 verkauft. Gerade im Nordburgenland, wo die Grundstückspreise durch die Decke gehen, sollen leistbare Baulandgrundstücke zur Verfügung gestellt werden. Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ)

Johann Heisz (ÖVP), Bürgermeister in Oberpullendorf, findet „die Idee, Spekulationen vorzubeugen, nicht schlecht“. Allerdings spricht er sich gegen Eingriffe in Privatbesitz aus: „Jeder soll über sein Eigentum verfügen können, wie er glaubt.“

Der Güssinger Bürgermeister Vinzenz Knor (SPÖ) findet, „dass der Preisdeckel notwendig ist“. „Wenn wir wollen, dass die Jungen bei uns bleiben, dann müssen wir ihnen leistbare Bauplätze bieten.“

„Derzeit liegen in Neusiedl am See 770.000 Quadratmeter Bauland brach und sind nicht verfügbar, sprich im Privatbesitz“, sagt Bürgermeisterin Elisabeth Böhm (SPÖ). Die Preisregelung hält sie für „gut und notwendig“, zumal die Grundstückspreise in der Stadt derzeit „extrem hoch“ seien und es sich die junge Generation kaum mehr leisten könne, ein Haus zu bauen.

In Jennersdorf sind 158 Hektar Bauland gewidmet. „Aber die Gemeinde besitzt davon nichts“, sagt Bürgermeister Reinhard Deutsch (Bürgerliste JES). Alles sei in privater Hand, „Grundstücke zu leistbaren Preisen gibt es definitiv nicht“, so der Bürgermeister.

Ähnlich ist die Situation in Oberpullendorf, wo Bürgermeister Johann Heisz (ÖVP) wenig Bereitschaft sieht, im Privatbesitz stehendes Bauland zu verkaufen. Um die Ansiedlung eines Röntgeninstitutes zu ermöglichen, habe er sogar selbst ein Grundstück im Zentrum von Oberpullendorf verkauft, so der Bürgermeister.

Güssing: 99% der Bauplätze in privater Hand

In Güssing seien „99 Prozent der Bauplätze in privater Hand“, berichtet Bürgermeister Vinenz Knor (SPÖ). Für diese Grundstücke werde der Preis vom Verkäufer und nicht von der Gemeinde bestimmt.

Er sieht jedenfalls ein gewisses Steuerungspotenzial auch für Bauland, das künftig von Privaten zum Verkauf angeboten wird: „Für neu umgewidmete Flächen muss ja eine Baulandmobilisierungs-Vereinbarung gemacht werden.“

Mattersburg will Bauplätze für Gemeindebürger schaffen

Die Stadtgemeinde Mattersburg ist dabei, Bauplätze für Gemeindebürger zu schaffen. Diesbezüglich stehe man bereits in Verhandlungen mit Grundstücksbesitzern, berichtet Bürgermeisterin Claudia Schlager (SPÖ).

Auch in Neusiedl kann die Stadtgemeinde selbst derzeit keine Bauplätze zum Kauf anbieten. Es gebe jedoch, so Bürgermeisterin Elisabeth Böhm, eine Initiative von Grundeigentümern, die an die Gemeinde herangetreten sei und Flächen in Bauland umwidmen lassen möchte. „Es wäre sehr erfreulich, wenn hier leistbares Bauland entsteht“, sagt die Stadtchefin.

Oberwart: Mehr Menschen entscheiden sich für Reihenhaus

In Oberwart halten sich laut Bürgermeister Georg Rosner (ÖVP) die Anfragen für Neubauten in Grenzen. „Man merkt, dass sich mehr Menschen für ein Reihenhaus entscheiden“, stellt er fest. Wünschenswert wäre es, Baulandreserven zusammenzuführen, „um nicht für Wildwuchs zu sorgen“, meint der Oberwarter Stadtchef.

In Eisenstadt werden die im Besitz der Stadt befindlichen Flächen für die Errichtung von städtischer Infrastruktur benötigt. „Die sogenannten Höchstpreise wurden vom Land vor allem deswegen beschlossen, um die Baulandsteuer einheben zu können“, kritisiert Bürgermeister Steiner. Das sei ein „völlig falscher Zugang“, so der ÖVP-Politiker.

„Ich glaube, dass es nur über die Gemeinden möglich ist, leistbare Grundstücke zu schaffen, indem Grünland in Bauland umgewidmet wird“, sagt der Stadtchef der Landeshauptstadt. Das sei aber nur möglich, wenn die Stadt leistbares Grünland ankaufen könne und das Land der Umwidmung zustimmt.

Alfred Kollar, Vorstand der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG), sieht in der Intention der Baulandmobilisierung etwas Gutes und kann über positive Erfahrungen berichten: In mehreren Bezirken seien Grundstückseigentümer auf die OSG zugekommen, um in Verkaufsverhandlungen einzutreten.

„Und zwar immer mit der Maßgabe: Wir zahlen die Dosko-Steuer nicht“, sagt der OSG-Chef. Damit sei die Baulandmobilisierungs-Abgabe gemeint, die per Verordnung von der Landesregierung festgelegt wurde, und brachliegende Baugrundstücke betrifft.

Rust: 90 Euro für Gemeindegrund, 270 Euro am freien Markt

Immobilien-Experte Andreas Kainz von der Immobilienmaklerfirma Remax konnte beobachten, dass Gemeindegrund - z. B. in seiner Heimatgemeinde Rust - schon bislang wesentlich günstiger verkauft wurde als Bauland am freien Markt. „In Rust kostete Gemeindegrund 90 Euro pro Quadratmeter, am freien Markt wurde bis zum Dreifachen bezahlt“, berichtet Andreas Kainz.

Auch in Oslip und Mörbisch seien Gemeindegrundstücke zu „fairen Preisen“ verkauft worden.

Freie Baugrundstücke gebe es in Rust und Mörbisch „hunderte“, so der Immobilien-Fachmann: „Aber die Eigentümer denken nicht daran, zu verkaufen.“

Die wenigen Baugrundstücke, die am freien Markt zum Verkauf angeboten würden, seien für junge Familien kaum leistbar, meint Kainz. Er beobachte zum Beispiel in Mörbisch, dass junge Leute aus der Gemeinde wegziehen, weil sie in ihrer Heimatgemeinde keine leistbaren Baugründe finden.

Anreize für Grundstücksbesitzer schaffen

Die Baulandmobilisierungsabgabe sehe er, so Kainz, als „Strafe“. Besser wäre es seiner Meinung nach, Anreize für den Verkauf von Grundstücken zu schaffen und das Gespräch mit den Eigentümern zu suchen.

Man könnte Grundstücksbesitzer motivieren, mit Baugenossenschaften in Kaufverhandlungen zu treten, indem im Gegenzug für den Verkauf von Bauland eine Beteiligung an den neu errichteten Wohnungen angeboten werde. „Das wäre interessant, um den Geldertrag gegen die Inflation abzusichern“, meint der Immobilienmakler.