Inflation lockt Ungarn ins Burgenland

Das Sprichwort „Des einen Freud, des andern Leid“ gilt auch im Wirtschaftsleben, weiß Thomas Jestl nur zu gut. Der Geschäftsführer der Handelssparte in der Wirtschaftskammer Burgenland beobachtet das Geschehen schon lange genug, um das zu wissen. „Die Rekordinflation (etwa 25 Prozent, Anm.) hat die Preise in Ungarn verdoppelt. Wir merken daher einen enormen Anstieg bei Lebensmittelgeschäften in Grenznähe“, erklärt er auf BVZ-Anfrage.
Das gehe aber auch umgekehrt, betont Jestl: Während der Corona-bedingten Grenzschließungen seien bei ebendiesen Geschäften die Preise eingebrochen. Rafael Supper und seine Geschäftspartnerin Christiane Holly können das nur bestätigen. Sie betreiben den Spar in Siegendorf und in Deutschkreutz, haben also gleich zwei Grenzübergänge im Auge. Supper gibt zu bedenken, dass ein Vergleich nach der speziellen Situation rund um Corona schwierig sei, er merke aber sowohl für Deutschkreutz wie für Siegendorf „ganz klar“ seit Sommer eine Zunahme der Kunden aus Ungarn, vor allem am Wochenende.
„Die Ungarn hat ja die Inflation viel härter getroffen als uns, der Forint ist praktisch nichts mehr wert. Besonders gefragt sind seitens der ungarischen Kunden etwa Molkereiprodukte, Teigwaren, Babynahrung, Eier oder Hendl-Filets. Alles, was Orban importieren muss, ist unten teuer.“ Er fügt hinzu, dass das speziell bei Elektrogeräten auch so sei.
Abseits der Supermärkte hat sich der Zustrom aus dem Nachbarland zumindest wieder auf Vor-Pandemie-Niveau eingependelt, lautet die Auskunft im „eo“. Vor allem Fachgeschäfte – von Brillen bis Bekleidung – freuen sich im Einkaufszentrum Oberwart über Kundinnen und Kunden aus Ungarn.
Freilich geht das Spiel auch umgekehrt, der schwache Forint macht ungarische Waren für uns im Burgenland günstiger. Das sieht man an der Importbilanz, diese stieg im Burgenland 2022 (Hochrechnung) gegenüber 2021 um 22 Prozent – das ist deutlich über dem Österreichschnitt von 17 Prozent.
Apropos Shopping-Tourismus: Der wird im Designer Outlet Parndorf seit jeher gelebt, wie Center-Manager Mario Schwann anhand der engen Zusammenarbeit mit der Reisebranche in China oder Südkorea erklärt. Dass das Center „im Herzen von Europa liegt“, das zeige sich auch an den Autokennzeichen auf den Parkplätzen und setze sich in den Shops fort, wo es spezielle Schulungen für die „kulturellen Bedürfnisse“ der Kundschaft gibt.