Steuerausgleich landete am falschen Konto

Erstellt am 24. Mai 2023 | 19:15
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Das Gericht sprach den Gesundheitsdienstleister vom Verdacht, Geld von einer 101-jährigen Kunden abgezweigt zu haben, frei.
Foto: BVZKirchmeir
Einmal 500 und einmal 300 Euro landeten 2021 am Konto eines selbstständig tätigen Gesundheitsdienstleisters. Es handelte sich um das Steuerguthaben einer mittlerweile 101 Jahre alten Frau. Dem Gesundheitsdienstleister wurde schwerer Betrug vorgeworfen.

Ein Gesundheitsdienstleister aus dem Bezirk Eisenstadt musste sich am Montag, 22. Mai, vor Richterin Melanie Gschiel verantworten. Auf seinem Konto waren Geldbeträge eingetroffen, die ihm nicht zustanden.

Die Staatsanwaltschaft klagte den Mann daraufhin wegen schweren Betruges an und warf ihm vor, er habe am 21. September 2021 vorgetäuscht, Mitarbeiter des Finanzamts zu sein.

An diesem Tag war nämlich in einem Altenpflegeheim im Bezirk Eisenstadt ein Formular ausgefüllt worden, das einer betagten Heimbewohnerin zu deren Steuerausgleich verhelfen sollte.

Unter mysteriösen Umständen gelangte die Kontonummer auf das Formular. Und in weiterer Folge wurden dem Gesundheitsdienstleister die Steuerausgleichszahlungen der alten Dame überwiesen.

Der Gesundheitsdienstleister bekannte sich nicht schuldig. Die Heimbewohnerin war eine seiner Kundinnen gewesen und hatte ihm Geldbeträge für die Dienstleistungen überwiesen. Zu diesem Zweck lagen Erlagscheine im Pflegeheim auf.

Betrug oder fehlerhaftes Formular?

„Ich gehe davon aus, dass die Kontonummer meines Mandanten versehentlich auf dem Formular landete“, sagte Verteidiger Florian Astl. Er wundere sich darüber, warum überhaupt Anklage erhoben worden sei.

Das einzige, was man dem Angeklagten vorwerfen könne, sei, so Astl, dass dieser die fälschlich überwiesenen Steuerrückzahlungen nicht gleich retourniert habe.

Hätte es sein Mandant tatsächlich auf einen systematisch geplanten Betrug angelegt, dann wäre es wohl nicht bei diesen beiden Fällen geblieben, meinte Astl: „Von den 800 Euro wird man nicht reich.“

Er habe damals 240 Personen in mehreren Pflegeheimen betreut und sei von zwei Mitarbeiterinnen unterstützt worden, berichtete der Angeklagte.

An jene Pensionistin, deren Steuerguthaben auf seinem Konto gelandet war, könne er sich gar nicht erinnern, auch nicht an ihren Sohn, dessen Telefonnummer im Steuerausgleich-Formular eingetragen worden war.

Die Überweisungen seien ihm gar nicht aufgefallen, so der Angeklagte. Erst bei der Einvernahme bei der Polizei habe er den Namen der betagten Frau ins Suchfeld seines Online-Bankkontos eingegeben und die beiden Beträge gefunden.

Handschrift passt nicht: Freispruch

Die Richterin forderte den Angeklagten auf, seine Handynummer aufzuschreiben, und verglich die Handschrift mit jener am Steuerausgleich-Formular. Festgestellt wurde, dass die Handschrift des Angeklagten offensichtlich nicht mit jener am Antrag ident war.

Die betagte Dame hat ihre Steuerguthaben mittlerweile überwiesen bekommen - Schaden ist somit keiner entstanden.

Wie die Kontonummer auf das Formular gelangt ist, bleibt weiterhin ein Rätsel.

Staatsanwältin Petra Bauer zog den Strafantrag gegen den Gesundheitsdienstleister zurück, dieser wurde formal von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen.