Wohnen wird viel teurer

Nur 39 Prozent aller Mieter gaben an, in den nächsten Jahren Eigentum erwerben zu wollen. So das Ergebnis der Wohnbaustudie 2021, die von IMAS International im Auftrag der Erste Bank, Sparkassen und s Bausparkasse durchgeführt wurde. 39 Prozent, also zehn Prozent weniger als noch 2018. Grund dafür sind die gestiegenen Preise.
Knapp die Hälfte (49 %) der Befragten gab an, dass sie zwar gerne Eigentum kaufen möchten, sich dieses aber nicht leisten können. Besonders davon betroffen ist die Altersgruppe der 18- bis 35-Jährigen und damit genau die Zielgruppe, die sich ersten Wohnraum schaffen möchte.
Bereits seit der Finanzkrise 2008 wird vermehrt auf den „sicheren Hafen“ Immobilien gesetzt, aber das Angebot am Wohnungsmarkt ist nicht entsprechend mitgewachsen. Ein weiterer Schub dieses Trends entstand durch die Pandemie. Die Österreichische Nationalbank schätzt, dass sich österreichische Wohnimmobilien im Jahr 2020 um sieben Prozent verteuert haben. 2019 betrug der durchschnittliche Preisanstieg nur 3,9 Prozent. Gleichzeitig sind die durchschnittlichen Einkommen der Österreicher nicht gestiegen. Laut Deloitte Property Index mussten in Österreich im Jahr 2020 für einen durchschnittlichen Wohnraum (70 m²) zehn durchschnittliche Bruttojahresgehälter bezahlt werden. 2019 waren es noch sechs durchschnittliche Bruttojahresgehälter.
„Wie sich dieser Markt weiterentwickelt, hängt stark vom weiteren Verlauf der Pandemie sowie der Zins- und Baustoffrohpreisentwicklung ab. Derzeit ist aber nicht davon auszugehen, dass sich die Dynamik am Immobilienmarkt wesentlich abschwächt, und das zeigt auch Auswirkungen bei der aktuellen Wohnsituation der Österreicher“, sagt Thomas Schaufler, ehemaliger Vorstand der Erste Bank Österreich.
Laut einer weiteren Statistik leben derzeit rund 55 Prozent der Österreicher im Eigentum. Vergleicht man diese Daten mit jenen der Europäischen Union, zeigt sich, dass es hier einen großen Aufholbedarf gibt. Denn durchschnittlich 70 Prozent der europäischen Bevölkerung darf sich über ein Eigenheim freuen.
Große Unterschiede bei Eigentum und Miete gibt es in Österreich vor allem zwischen Stadt und Land. Während am Land 72 Prozent der in der Studie befragten Personen in ihrem eigenen Heim wohnen, sind es in der Bundeshauptstadt Wien nur 25 Prozent der Befragten. Neben dem allgemeinen Stadt-Land-Gefälle spielt hier im Speziellen auch die traditionelle Versorgung mit gemeinnützigen beziehungsweise geförderten Wohnungen eine Rolle.
Dazu erklärt Christian Reingruber, Vorstandsvorsitzender der der s Bausparkasse: „Der niedrige Eigentumsanteil im urbanen Raum hängt unmittelbar mit der Preissituation zusammen. Überall dort, wo Immobilien noch günstig zu haben sind, wird gekauft und nicht gemietet.“
Die Österreicher haben in den vergangenen zwei Jahren sehr viel Zeit in den eigenen vier Wänden verbracht, die Zufriedenheit mit der eigenen Wohnsituation ist deutlich gestiegen, zeigen die Ergebnisse der Studie, die im Februar 2021 durchgeführt wurde.
Mehr Zufriedenheit bei Eigentum
2021 waren 72 Prozent der Befragten „sehr zufrieden“ mit ihrer Wohnsituation. Nur ein Jahr davor, 2020, waren es nur 66 Prozent. Christian Reingruber dazu: „In den vergangenen Monaten spielte das Thema Wohnen nur eine untergeordnete Rolle. Die Themen Gesundheit und Jobsicherheit waren sicher die dominierenderen Themen bei den Österreichern.“ Was sich aber deutlich zeigt, ist, dass Eigentümer wesentlich zufriedener (+ 20 %) mit ihrer Wohnsituation sind als Mieter. „Ein Unterschied in der Zufriedenheit zwischen Mieter und Eigentümer hat zwar schon immer bestanden, aber 2021 ist dieser weiter gestiegen“, erklärt Christian Reingruber.
Ergebnis der aktuellen Wohnstudie ist außerdem, dass mehr Wohnraum auf der Wunschliste der Österreicher steht. Jeder fünfte Befragte (21 %) wünscht sich mehr Platz in seiner Wohnung oder seinem Haus. „Gerade in Zeiten von Lockdowns, Homeoffice und Homeschooling konnte es in einer Wohnung sehr schnell eng werden“, sagt Christian Reingruber. Davon sind drei Gruppen besonders betroffen: Junge Erwachsene zwischen 18 und 34 Jahren (37 %), Mieter (33 %) und Mehrpersonenhaushalte (33 %) hätten das Bedürfnis nach mehr Wohnfläche.
Aufgrund der günstigen Konditionen für Wohnraumfinanzierungen konnte die Sparkassengruppe 2020 bei der Zahl der Neukredite für Wohnraumfinanzierungen im Vergleich zu 2019 weiter zulegen. „Vergangenes Jahr hat die Sparkassengruppe 28.700 Menschen ihren Wohntraum erfüllt. Das sind um 1.700 Finanzierungsabschlüsse mehr als noch 2019“, so Thomas Schaufler. Dabei betrug die durchschnittliche Finanzierungshöhe 231.000 Euro.
Die große Frage: Rate oder Miete?
Aufgrund der günstigen Konditionen waren auch 80 Prozent der Finanzierungen Fixzins-Kredite. „Hier agierten die Kunden sehr vernünftig. Mit Fixzinssätzen sicherten sie sich das niedrige Zinsniveau für die nächsten 20 oder 25 Jahre. Das Haushaltsbudget bleibt planbar und auch mögliche Leitzinssteigerungen rauben einem nicht den Schlaf“, sagt Schaufler. Für alle Menschen, die aktuell arbeitslos oder in Kurzarbeit sind oder lange Zeit waren und somit Existenzängste haben, rückt das Thema Wohnwünsche situationsbedingt gerade in den Hintergrund. „Auf der anderen Seite sollten alle, die es sich leisten können, eine Investition ins Eigenheim überlegen. Stellt man die monatliche Miete der Kreditrate gegenüber und bedenkt dabei den Anlagewert beziehungsweise die Wertsteigerung, ist eine detaillierte Betrachtung auf jeden Fall sinnvoll“, ist man bei der Ersten Bank überzeugt.
Die aktuelle durchschnittliche Nettomiete einer frei finanziert errichteten Wohnung in Wien beträgt EUR 12,66/m² (Quelle: Exploreal). Das macht bei einer Wohnungsgröße von 70 m² 886 Euro monatliche Miete aus. Die Ratenrückzahlungen für eine Finanzierung von 230.000 Euro auf 25 Jahre beträgt 931 Euro.