SPÖ-Parteitagsergebnis falsch: Babler ist doch SPÖ-Chef
„Unglaublich“ - das war das Wort, das man von Politik-Kommentatorinnen und -Kommentatoren heute Montag am häufigsten hörte. Am späten Nachmittag gab die Leiterin der SPÖ-Wahlkommission bekannt, dass es am Sonderparteitag in Linz einen Auszählungsfehler gegeben habe.
Die Ergebnisse der beiden Kontrahenten Hans Peter Doskozil und Andreas Babler waren vertauscht worden: Babler hat eigentlich 317 Stimmen (52,66 Prozent) erhalten, Doskozil 280 Stimmen (46,51 Prozent). Das ist fast genau umgekehrt, wie nach dem Parteitag am Samstag verkündet. Damit ist der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler der neue SPÖ-Chef.
Er kündigte an, „das Amt und die Verantwortung“ zu übernehmen. Allerdings ersuchte er die Wahlkommission die Stimmen erneut auszuzählen und zu überprüfen. Wie zuvor schon Doskozil sprach auch Babler ob der Panne von einem „Tiefpunkt“ für die Sozialdemokratie.
Er entschuldigte sich zudem für das Bild, das Teile des Parteiapparates in den vergangenen Wochen abgegeben haben. Gleichzeitig appellierte er an Mitglieder sowie Unterstützerinnen und Unterstützer, dabei zu bleiben und mitzuhelfen, um der SPÖ „ihren Stolz und ihre Würde“ zurückzugeben.
Über Personalia und sein Team als Bundesparteichef will der Traiskirchner nun mit seinen Vertrauten beraten.
Doskozil sprach kurz zuvor in einer Pressekonferenz davon, dass es „kein angenehmer Tag“ für ihn persönlich sei. Man werde sich „Spott und Häme“ gefallen lassen müssen. Es werden aber auch „wieder schönere Zeiten für die Sozialdemokratie“ kommen.
Gleichzeitig betonte er, dass das Ergebnis des Parteitages zur Kenntnis zu nehmen sei. Er gratulierte Babler zum Gewinn der Wahl und zum Vorsitz der Bundespartei. Wichtig sei es, dass man nun keine Fehler-Zuweisungen mache.
„Wir sollten uns alle zusammenreißen und das Wahlergebnis akzeptieren. Und ab dieser Minute daran arbeiten, die Sozialdemokratie wieder aufzurichten“, rief der Kurzzeit-Parteichef auf, der betonte, dass das Kapitel Bundespolitik für ihn damit abgeschlossen sei.
Dass es überhaupt zur Neuauszählung der Stimmen am Montag-Nachmittag kam, hängt damit zusammen, dass beim offiziell verkündeten Ergebnis eine Stimme fehlte. Die wurde gefunden und war ungültig. Gleichzeitig wurde dabei entdeckt, dass die Stimmen falsch zugeordnet wurden.
NÖ Landespartei änderte in Presseaussendung nur den Namen
Die NÖ Landesparteispitze reagierte nach dem Bekanntwerden der Panne genau wortgleich wie nach der Präsentation Doskozils als neuer SPÖ-Chef. Der designierte Landesparteichef Sven Hergovich und Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander riefen nach der Entscheidung der Delegierten zu Geschlossenheit auf.
„Jetzt gilt es, rasch zu neuer Geschlossenheit zu finden, um die Sozialdemokratie zu einen und zu stärken - mit einem Team, das die gesamte Breite der Partei abbildet. So wird die SPÖ wieder auf die Überholspur kommen und zur stärksten und bestimmenden Kraft in Österreich werden“, sagte das Duo in einer gemeinsamen Presseaussendung.
Häme vom politischen Mitbewerb
Auf das Auszählungsdebakel beim SPÖ-Sonderparteitag haben die politischen Mitbewerber der Sozialdemokraten am Montag teils mit Häme reagiert. "Wer keine Wahlen organisieren kann, wird auch keine gewinnen", meinte NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos via Twitter. Für ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker versinkt die SPÖ im "völligen Chaos". Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) fehlten die Worte.
"Ich bin ja schon länger in der österreichischen Politik unterwegs. Das ist immer noch nicht kommentierbar", meinte Kogler am Rande einer Veranstaltung. Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer schickte kurzerhand eine Korrektur der OTS von Samstag aus. Darin war lediglich der Name Hans Peter Doskozil durch Andreas Babler ersetzt. Der restliche Text blieb inklusive Gratulation zum Parteivorsitz und Aufruf an die Sozialdemokratie, wieder zur Sachpolitik zurückzukehren, gleich. Die SPÖ müsse die Blockade von Zwei-Drittel-Materien im Nationalrat beenden und "an den Verhandlungstisch zurückkehren", so Voglauer.
Für die NEOS hat sich die SPÖ mit der Auszählungspanne "völlig disqualifiziert". "Die Österreicher:innen haben Besseres verdient", findet Hoyos.
Ähnlich auch der Befund von ÖVP-Generalsekretär Stocker: "Wenn die SPÖ nicht einmal in der Lage ist, eine ordnungsgemäße und korrekte Wahl auf einem Parteitag abzuhalten, dann ist sie mit Sicherheit nicht in der Lage, ein Land zu führen." Mit der weiteren Bewertung will Stocker zunächst warten, "ob dieses Ergebnis endgültig ist".
Nicht an der Häme beteiligen will sich nach eigenem Bekunden FPÖ-Chef Herbert Kickl. Das in der Öffentlichkeit entstandene Bild sei "ohnehin für jeden erkennbar desaströs". Kickl fürchtet einen Schaden und schweren Vertrauensverlust weit über die SPÖ hinaus. Die enttäuschten Wähler und Mitglieder der Sozialdemokratie möchte er ein Angebot machen, "ein Stück des Weges mit uns Freiheitlichen zu gehen, um eine wirkliche Veränderung herbeizuführen", so der FPÖ-Chef.