Adel verpflichtet, mit viel Würde

Erstellt am 26. März 2023 | 09:00
Lesezeit: 6 Min
Adel verpflichtet, mit viel Würde
Das Familienoberhaupt Ladislaus E. Batthyány-Strattmann lebt in Wien, ist aber regelmäßig in Güssing zu Gast. Batthyány-Strattmann ist Touristiker und bringt sich auch mit Ideen zur Vermarktung der Burg ein.
Foto: Bertie Unger
Sein Urgroßvater war der „Arzt der Armen“ und wurde vor 20 Jahren seliggesprochen. Die Familie Batthyány lebt weltweit verstreut. Ladislaus E. Batthyány-Strattmann über das Leben als Familienoberhaupt einer einst mächtigen Dynastie.

BVZ: Die Familie Batthyány war neben den Esterhazys eine der mächtigsten Adelsfamilien Ungarns. Wie geht es der Familie heute?

Ladislaus E. Batthyány-Strattmann: Wir haben heute rund 80 Namensträger, Tendenz natürlich steigend, weil wir sehr viele Junge in der Familie haben. Der Großteil lebt in Österreich, viele im Südburgenland, in Wien und Tirol. Natürlich auch welche in Ungarn, aber auch in Übersee, in Uruguay.

Stichwort: Ungarn. Die Frage nach dem Besitz ehemaliger Adelsfamilien interessiert die Öffentlichkeit ja noch immer. Es gab ja auch Enteignungen, wie unfair sehen sie das.

Batthyány-Strattmann: Es ist ja vielen Leuten gar nicht bewusst, dass es in Ungarn nicht wirklich eine Restitution von Vermögen gab, wie in Tschechien bei der Familie Schwarzenberg oder bei anderen Familien, wo Tausende von Hektar und ganze Schlösser zurückgegeben wurden. Natürlich immer verbunden mit Verantwortung. Meiner Generation fällt das leichter, weil wir ja relativ „normal“ aufgewachsen sind, mit Schule, Beruf und Alltag. Aber der Generation der Eltern fiel das nicht so leicht, die sind in einer anderen Umgebung aufgewachsen. Das war sehr hart. Es gab ja symbolische Entschädigungen, aber das war nicht dasselbe.

Einer der bekanntesten Batthyánys war Ladislaus-Batthyány-Strattmann, den man auch als „Arzt der Armen“ kennt. Er wurde vor 20 Jahren seliggesprochen. 2023 ist also ein Jubiläumsjahr.

Batthyány-Strattmann: Der Selige ist seit Kindheitstagen bei uns allen sehr präsent. Er ist ja mein Urgroßvater und wir versuchen sein Vermächtnis natürlich an unsere Kinder weiter zu geben. Der Festakt am Sonntag in Güssing war sehr bewegend, aber gleichzeitig auch ein neuer Meilenstein, da es der offizielle Beginn des Seligsprechungsprozesses für seine Gattin Maria Theresia sein wird.

Und nächstes Jahr gibt es ein ganz erstaunliches Jubiläum. 500 Jahre Familie Batthyány auf Burg Güssing.

Batthyány-Strattmann: Da wird es eine spezielle Ausstellung geben. Ein besonderer Anlass, weil die Burg ja nicht nur eine von vielen ist, sie ist die Stammburg der Batthyánys, die auch in unserem Namensprädikat steht. Ich selbst bin immer noch Stiftungskurator in Burg und Kloster und bin interessiert, dass die Burg touristisch genutzt wird. Gilbert Lang, der Burgmanager, der von der Stiftung beschäftigt wird, ist sehr engagiert. Meine Familie bringt sich aber auch mit Ideen und Vorschlägen ein.

Stellen sie sich manchmal vor, was wäre, wenn die Geschichte anders verlaufen wäre? Sie als Familienoberhaupt mit der Burg als Wohnsitz?

Batthyány-Strattmann: Ich stelle mir nicht vor, wie es wäre, wenn ich vor ein paar hundert Jahren gelebt hätte. Es ist ja alles dokumentiert, was die Vorfahren gemacht haben. Wenn es denn so wäre, könnte ich mir aber schon eine Familienburg vorstellen, wo ich wohne, aber natürlich nicht residiere. Ich würde wahrscheinlich selbst Führungen machen, Leute begrüßen, Delegationen einladen. Das ja, aber alles andere wäre sinnlos, auch nur darüber nachzudenken.

Könnten Sie eine Zeitreise zurückmachen, in welche Periode würden Sie dann gerne reisen?

Batthyány-Strattmann: Ich bewundere Balthasar Batthyány, der ja auch die Klosterbibliothek begründete und Carolus Clusius (Anm. holländischer Botaniker) hierher gebracht hat oder Karl Batthyány, den Maria Theresia an den Hof holte und der ja dann der Erzieher des späteren Kaisers Joseph II. war. Verschiedene Zeiten, aber sehr spannend. Aber was mich generell fasziniert, ist die Tatsache, wie viel die Menschen früher in einer viel kürzeren Lebensspanne erlebten.

Das sind schon große Namen. Da ist sehr viel Glanz, der die Familie umgibt.

Batthyány-Strattmann: Wenn man sich all die großen Namen ansieht, macht das in erster Linie demütig. Was diese Personen alles für das Land, für die Gesellschaft, für andere Menschen geleistet haben. Natürlich hatten sie auch die Möglichkeiten, die wir heute nicht in dieser Form haben. Aber es ist schon ein Beispiel zu sehen, wie man für das Gemeinwohl tätig sein kann.

In der Familiengruft unter der Franziskaner Basilika sind die meisten Batthyánys bestattet. Welchen Stellenwert hat denn die zweitgrößte Gruft Österreichs für die Familie?

Batthyány-Strattmann: Die Familiengruft kann man von außen schon etwas makaber und komisch betrachten, aber für uns hat sie natürlich einen großen Stellenwert. Sehr intim und persönlich, wie Begräbnisstätten oder Gedenkstätten nun einmal sind. Und natürlich erinnert die Gruft auch an die eigene Vergänglichkeit. Ich selbst bin über 50, mein Vater ist auch vor ein paar Jahren gestorben. Es gibt immer mehr Familienmitglieder, die da jemanden zu betrauern oder zu erinnern haben. Aber natürlich ist das auch beeindruckend, an den Särgen historischer Persönlichkeiten zu stehen.

Welche Rolle spielt denn der katholische Glaube im Leben eines Batthyány?

Batthyány-Strattmann: Das ist individuell unterschiedlich. Glaube ist etwas ganz Persönliches, aber auch etwas, dass man nach außen tragen soll, worauf man stolz sein soll und das man vorleben soll. Aber in der Familie wird das natürlich unterschiedlich wahrgenommen, bei manchen weniger, bei anderen stärker. Aber natürlich, durch das Vorbild unseres Urgroßvaters hat man da einen ganz anderen Zugang, einen vielleicht sogar natürlicheren Zugang zum Glauben. Weil das immer schon da war. Von Kindheit an.

Burg Schlaining war im Familienbesitz, Schloss Rechnitz, Schloss Körmend, Schloss Kittsee und einige mehr. Diese Burgen und Schlösser sind nicht mehr im Familienbesitz. Was soll denn einst von den Batthyánys bleiben?

Batthyány-Strattmann: Das ist eine sehr interessante Frage, weil das ja nicht nur von den historischen Persönlichkeiten und uns als ihre Nachkommen abhängt. Es kommt immer darauf an, wie sich die Gesellschaft weiter entwickelt und wie die Politik das sieht. Man kann schon zugestehen, dass in Ungarn etwas mehr Geschichtsbewusstsein herrscht, weil man sich dort den eigenen Wurzeln mehr bewusst ist. Das Sichtbarste wird sicher bleiben, das sind die Burgen und Schlösser. Und auf der anderen Seite bleiben die Vermächtnisse. Wie das meines seligen Urgroßvaters zum Beispiel. Es gibt ja auch noch das Spital in Kittsee, das er dort gegründet hat. Dass es die Burg Güssing immer noch gibt, ist der Stiftung zu verdanken, die Philipp Batthyány 1870 gegründet hat. Sonst wäre die Burg Güssing vielleicht auch schon eine Ruine und das wäre natürlich schon sehr schade.